Samstag, 13. April 2019

Ein Spazierstock für den Geist


Meditation mit dem Rosenkranz


Wenn man einen Rosenkranz sieht, denkt man meist an eine ziemlich relegiöse Person. Jemand der viel betet, z.B. das "Vater unser" und dabei den Rosenkranz in den Händen hält. Das ist sicher keine schlechte Sache. Menschen die einen starken christlichen Glauben haben, können dadurch sicher neue Kraft tanken, Abstand zur Hektik des Alltags gewinnen.

Mein Rosenkranz ist aus Holzperlen, was sich wirklich gut anfühlt. 5 mal 10 Perlen und dazwischen immer eine einzelne. Ich fragte mich, ob man diese Kette nicht auch gut für Atemmeditation benutzen kann.


Wenn man ohne Hilfsmittel meditiert, ist das Zählen der Atemzüge in den Gedanken eine gängige Methode. Allerdings ist das schwieriger als es auf den ersten Blick scheint. Es gibt da ein Problem. Die ersten Atemzüge kann man noch ganz gut mitzählen, mit jedem neuen Atemzug wird der Strom der Gedanken stärker, unsere Konzentration gerät ins Wanken.

Das läuft in etwa so ab:

Einatmen, ausatmen - eins
Einatmen, ausatmen - zwei - "irgendwie sitze ich schief auf dem Meditationskissen"
Einatmen, "morgen früh darf ich nicht verschlafen, sonst komme ich zu spät zum Meeting", ausatmen - ähh drei
Einatmen, ausatmen "habe ich eigentlich den Einkaufzettel für morgen geschrieben?" - mmm fünf???

Das ist so der typische Verlauf, wenn man selten meditiert oder unruhig von der Hektik des Tages ist. Die Gedanken machen nicht halt, drängen sich auf und ganz schnell sind wir vom Weg abgekommen und wissen nicht mal mehr, ob das jetzt der vierte oder fünfte Atemzug war.

Hier leistet der Rosenkranz wirklich gute Dienste. Nach jedem Ein- und Ausatmen rutschen die Finger weiter zur nächsten Perle. Das ist einfach, funktioniert auf Anhieb.  Es erhöht sogar noch die Konzentration, wenn man sich zwischen zwei Atemzyklen ein wenig mehr Zeit läßt. Diese Zeit benutzt man, um bewußt zu fühlten, wie die aktuelle Perle durch die Finger davongleitet und wir die neue erstasten. Dies kann ein Augenblick besonderer Achtsamkeit sein und uns helfen, die Meditation genießen.

Genießen? Ja, genießen! Wir Menschen der westlichen Zivilisation sind auf Leistung getrimmt. Atme ich richtig? Habe ich meine Gedanken im Griff? Bin ich entspannt genug? Verdammt, schon wieder denke ich an die dumme Besprechung heute vormittag! Uns läßt das Leistungsdenken auch beim Meditieren nicht los. Wir wollen es doch schließlich perfekt machen! Aber das funktioniert nicht so.

Der freundliche buddistische Meister Thich Nhat Hanh betont immer wieder, wie wichtig es ist, die Meditation zu genießen. Jedes Ein und Aus des Atmens soll uns Freude bringen. Der Rosenkranz hilft uns dabei. Wie ein Spazierstock stützt er unseren Geist, damit er nicht vom Weg abkommt. Jede einzelne Perle weist uns den Weg. Wir können so viel leichter den Atem spüren, wie er uns durchweht, uns neues Leben spendet. Es braucht etwas Übung, um das Atmen zu genießen, wie ein kleines feines Stück Schokolade. Dann ist es ganz einfach. Das bringt Freude in jede Meditationssitzung.

Atem mit den Fingern zählen

Was macht man, wenn man keinen Rosenkranz oder eine Meditationskette hat? Nun es gibt eine gute Alternative, die man immer mit dabei hat. Unsere zehn Finger!

So wie jeder Abschnitt des Rosenkranz 10 Perlen hat, befinden sich an unseren Händen zehn Finger. Statt zu zählen, bewegen wir jeden Finger einfach ein kleines Stück nach oben oder zu Seite. Das ist etwas ungewöhlicher, als die Finger von einer Perle zu nächsten gleiten zu lassen. Aber der entscheidende Vorteil des Rosenkranz bleibt bestehen: Man muß nicht zählen. Bei den Fingern braucht es etwas mehr Eingewöhnung. Wenn man die Technik beherrscht, hat man einen großen Vorteil. Sie ist immer verfügbar. Wo wir auch gerade sind, unsere Finger stehen zu Verfügung. Einen Rosenkranz kann man vergessen.

Noch etwas ist sehr interessant. EinRosenkranz ist auffällig. Wer damit im Bus meditiert oder im Zug, erzeugt ein gewissen Aufsehen. Mit den Fingern passiert das nicht. Damit zu meditieren ist völlig unauffällig.

Ja, was ist besser Rosenkranz oder Finger? Wenn ich einen Rosenkranz habe, nehme ich ihn, denn das macht das Meditieren schon deutlich bequemer. Aber auch die Finger sind eine gute Wahl, es fehlt halt das angenehme Gefühl der Holzperlen.

Noch eine Bemerkung zu Schluß. Man kann natürlich mit jeder Perlenkette meditieren. Nur ein Rosenkranz ist speziell dafür gemacht. Die Perlen haben eine angenehme Größen und sind relativ locker aufgefädelt, d.h. sie lassen sich gut greifen. Und nicht zu vergessen die Zehnergruppen, die eine zeitliche Orientierung einfach machen.

Steven Jobs meinte mal: Computer sind für mich wie ein Fahrrad fürs Gehirn.
So ählich ist das mit dem Rosenkranz, er ist ein Spazierstock für unseren Geist. Er hilft uns den Weg zu finden und auf dem Weg zu bleiben. Eine geniale Erfindung!

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