Freitag, 3. Juli 2015

Erkundungen mit dem Pinsel

Als wir vor einigen Jahren ein schönes Wochenende am Bodensee verbrachten, lernte ich daß Sehen und Sehen zwei Dinge sind. Uns begleiteten gute Freunde. Eveline eine passionierte Hobbymalerin hatte wie so oft Pinsel, Aquarellfarben und Papier dabei. Und wie so oft war sie auf der Suche nach einem Motiv. Wir waren in einem Hafen und es wimmelte um uns herum wie in einem Ameisenhaufen. Unweit vom Kai in der Nähe von einem Eiskaffee hatte man einen schönen Blick auf die Schiffe an der Kaimauer und den Bodensee dahinter. Sie meinte "Ist doch hübsch hier" packte gemütlich den Klappstuhl, Farben, Pinsel und Papier aus. Los ging's!

Und wieder ist ein Tag vergangen - am Bodensee


Mit einem verschmitzten Grinsen fragt sie mich: "Versuchs doch auch mal!" Ich war etwas überrascht. Zugegeben in meinen jugendlichen Tagen habe ich gern und oft gemalt - ja sogar Aquarell. Aber das war so lange her - viele Jahre. Aber mir gefiel ihre unbeschwerte Art an die Sache zu gehen.

Warum eigentlich nicht? Ich schob die Zweifel "Kannst du das noch?" oder "Was soll die Zeichnerei bei dem Trubel?" beiseite. Nahm auf dem Klappstuhl platz und tauchte den Pinsel in die Farbe. Etwas Wasser - nicht zuviel. Mit blassen Strichen umrahmte ich das Hafenbecken, gab dem Wasser das erste Blau, tastete mich heran an Schiffsrümpfe und Segel. Fühlte mich ein in den See und begann, die Leute um mich herum zu vergessen. Mit jedem Pinselstrich schweiften meine Gedanken mehr in die Ferne. Wurden zu Wasser, zu Wellen, zu Segeln, hoben sich empor mit den Flügelschlägen der Möven. Und ich fand das alles erstaunlich vertraut, so als wenn ich erst letzte Woche den Aquarellpinsel aus der Hand gelegt hätte. Die Anspannung war verflogen und mit Freude setzte ich die Striche auf's Papier.

Es entstand nicht nur ein Bild auf dem Papier, nein es war auch in mir. Oder besser - es ist noch in mir. Denn jetzt wo ich diese Zeilen schreibe, ist dies Bild in mir ganz klar, zum greifen nah. Die Schiffe schwanken, die Segel wehen im Wind, die Leute drängen sich an mir vorbei, der Wind weht mir ins Gesicht und binzelnd bewundere ich die goldenen Wellen im See, in denen sich die Sonne bricht.

Und das habe ich nur dem Pinsel, dem Papier und den Farben - zu verdanken. Erstaunlich! Wie man plötzlich anders sieht, wenn man versucht, dem Gesehenen eine Gestalt zu geben. Oft hört man, ich kann nicht zeichnen, bin dabei eine Null und so weiter. Aber spielt das eine Rolle? Schon allein sich hinzusetzen, zu schauen und das Geschaute zu zeichnen, ist eine großartige Sache. Das Produkt auf Papier ist letztlich nicht so wichtig. Erstens können die meisten sicher wesentlich besser zeichnen als sie denken und zweitens ist es unglaublich, wie sehr man seine Fähigkeiten mit etwas Übung verbessern kann.

Ja, und das hat mich angeregt weiterzumachen. Bei unserem Urlaub am Gardasee hielt ich gleich den Monte Baldo fest. Eine schöne Erinnerung und als Postkarte an gute Freunde eine ganz besondere Überraschung.

Monte Baldo mit dem Pinsel eingefangen



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